Weltmeisterschaften – Eindrücke

Von Gerald Baum


Ich habe lange überlegt, wie ich die Zeilen als Amateurschiedsrichter verfasse, ohne die Aspekte Mitleid und Mitgefühl zu verwenden. Ich habe mich freiwillig als ehrenamtlicher Verbandsschiedsrichter für die zweiten Weltmeisterschaften der Parkinson-Erkrankten in Berlin in diesem Jahr gemeldet.

2019 fanden die ersten Welttitelkämpfe in New York statt. Mit rund 160 Aktiven aus 27
Nationen übertraf dieses Event bei weitem, das von New York, wo 60 Aktive antraten. Ich
war neugierig und zugleich unwahrscheinlich aufgeregt, die großartige Sportarena des
Horst-Korber-Sportzentrums Berlin zu betreten, die mir neu war. Wir waren an diesem Tag, zusammen mit dem Oberschiedsrichter des Turnieres, Thomas Schwark, acht
Schiedsrichter des TTVB, die diese großartige Veranstaltung unterstützen wollten.

Neu war für mich (für uns), die mehrfachen Einmarsche der Aktiven, die doch etwas hektisch und unkonventionell abliefen. Dies hatte den Hintergrund, dass die ITTF den Plan hat, die noch junge Parkinson-Familie in den Kreis der ständig stattfindenden Wettkämpfe zu integrieren. Und deshalb sind bestimmte Rituale und Bewegungsabläufe vorgegeben. Die Parkinson-Aktiven werden entsprechend Ihres Erkrankungszustandes in drei Klassen unterteilt. Wissenschaftliche Studien belegen die heilsame Wirkung der Sportart Tischtennis auf die Koordinierungs- und Konzentrationsfähigkeiten der Erkrankten. Keinesfalls kann Tischtennis heilen, aber belegt ist die doch unterstützende Wirkung.
Ich wurde einer Gruppe zugelost und hatte Glück, denn ich hatte sowohl den Weltmeister, als auch den Vizeweltmeister der Klasse 1, die Sportfreunde Holger Teppe (GER) und Lars Bo Kaspersen (DEN) in meiner Gruppe. Was diese beiden Sportfreunde ablieferten war ein Feuerwerk des Tischtennissportes. Ich dachte, ich hätte gerade das Endspiel gesehen, aber es war „nur“ ein Gruppenspiel, was der Deutsche knapp mit 3:2 für sich entschied.

Auch der US-Amerikaner in meiner Gruppe, Scott Owen Stielstra, beeindruckte mich mit seiner Freundlichkeit: “Yes, Sir.“ “Thank you, Sir.“ “Sorry, Sir.“ u.s.w. Überhaupt, diese unglaubliche Fairness, Freundschaft und Freundlichkeit untereinander ging uns Schiedsrichter an die Herzen und unter die Haut. Niemals gab es Streitigkeiten, ein böses Wort oder Uneinigkeit, im Gegenteil: Verständnis für den Gegenüber und anerkennende Gesten für gute Bälle waren an der Tagesordnung. In drei Tagen gab es keine einzige  gelbe, geschweige denn gelb-rote Karte. Das sagt wohl alles über den Sportsgeist aller Aktiven aus! Die Anteilnahme des Einzelnen für den Gegenüber und die Fairness untereinander (falsche Aufschläge und Kantenbälle wurden ohne Umschweife zugegeben) waren für uns Schiedsrichter  beeindruckend.

Am Ende de s Tages waren wir Schiedsrichter uns einig, sollte das Turnier wieder oder in ähnlicher Form in Deutschland stattfinden, würden wir uns sehr gerne am reibungslosen Ablauf des Turnieres wieder beteiligen. Der eine oder andere Schieri konnte eine Träne der Bewunderung und der Hochachtung dieser Sportler nicht verdrücken.
Wir waren stolz, Teil dieser Mission zu sein!