Eine Erfolgsgeschichte auch in Neuenhagen!
Karsten Gohdes aus Neuenhagen bei Berlin ist ein sportlicher Mann, hatte lange Zeit selbst Fußball gespielt und Nachwuchsmannschaften trainiert. Als er im April 2010 die Diagnose Parkinson bekam, haderte seine nicht weniger sportbegeisterte Frau Sylvia nicht lange mit dem Schicksal, sondern beschloss, ihrem Mann mit allen Kräften zu helfen.
Bald wurde ihr klar, dass Bewegung das A und O bei Parkinson ist. Obwohl sie bis heute berufstätig ist, animierte sie Karsten mit Erfolg zum gemeinsamen Sport. Walking, Badminton, Schwimmen, Fitness-Studio hielten Karsten beweglich, aber die Krankheit schritt fort, und mit der Zeit ließ seine Motivation nach. Das Ehepaar spürte, dass es einen neuen Impuls brauchte, etwas Neues, das sie mit Freude gemeinsam ausüben könnten, am besten in einer Gruppe Gleichgesinnter, in der sich die Krankheit leichter akzeptieren ließ.
Karstens Neurologe fiel dazu spontan etwas ein, denn Sonja Penquitt, umtriebige Leiterin der beiden Berliner PPP Stützpunkte Köpenick und Adlershof, hatte ihn vor einer Weile mit einem Flyer versorgt, der die Vorzüge von Tischtennis in der Parkinson-Therapie ebenso aufzählt wie alle PPP Stützpunkte in und um Berlin. Und siehe da, in Köpenick waren noch Kapazitäten frei!
So fuhren die beiden ab Anfang 2024 jeden Mittwoch mit dem Auto 27 km hin und 27 km zurück und spielten mit großem Spaß und sichtbar zunehmendem Geschick mit gut gelaunten Köpenickern Tischtennis. Das einzige, das sie bald störte, waren die 54 km im Auto – auf Dauer zu viel für eine Berufstätige. Nach kurzer Beratung mit Sonja, die wie immer Rat wusste, beschlossen sie die Gründung eines wohnortnahen Stützpunkts.

Aber wie anfangen? Zufällig las Sylvia im Juli 2024 in der Zeitung etwas über Frank Richter, den Behindertenbeauftragten der Gemeinde Neuenhagen. Sie rief ihn sofort an, und noch im Juli fand ein Sondierungstreffen des Ehepaars mit Frank Richter, mit der Abteilung TT der SG Rot-Weiß Neuenhagen sowie mit Bernd Trabalski (Regionsleiter von PPP Deutschland) statt. Nach anfänglicher Skepsis (wegen knapper Hallenzeiten, die der SG zustanden) machte sich die SG Rot-Weiß das Projekt schnell zu eigen. Abteilungsleiter Christian Grimm und sein Vertreter Steffen Geißler waren besonders hilfreich und boten schließlich eine Trainingszeit parallel zur Gruppe der Kinder und Jugendlichen an.
Nun mussten “nur” noch weitere Erkrankte mit Lust auf Tischtennis gefunden werden. Sylvia nahm nach der Sommerpause auch diese letzte Hürde im Eiltempo. Mit Unterstützung von Frank Richter, der Gemeinde, der SG sowie mit Anzeigen in der örtlichen Presse und auf nebenan.de bewarb sie ihr Projekt – mit überraschendem Erfolg: Bis Oktober 2024 meldete sich ein gutes Dutzend interessierter Menschen mit Parkinson, die schon bald das Training in der Neuenhagener Gartenstadt-Halle aufnahmen, jeden Montag von 18.00 – 19.00 Uhr.
Am 13.01.2025 wurde es dann “offiziell”: Sylvia und Karsten Gohdes spielten im PPP Stützpunkt Neuenhagen den feierlichen “Ersten Ball” – unter den sachkundigen Augen von Christian Grimm, der die Gruppe mittlerweile auch als Trainer unterstützt, sowie von PPP Regionsleiter Bernd Trabalski. Sichtlich gerührt verfolgte auch Behindertenbeauftragter Frank Richter die Gründung des ersten PPP Stützpunktes im östlichen Brandenburg und sagte wenig später: “Insgesamt handelt es sich hierbei um eine tolle Erfolgsgeschichte, ein Beispiel gelebter Inklusion. Vielleicht folgen ja andere Sportvereine ähnliches wie hier in Neuenhagen zu versuchen. Die Parkinson-Erkrankten würde es freuen. Auch die Sportvereine profitieren davon, neue Mitglieder, gesellschaftliche Anerkennung und vielleicht sogar in der Folge mehr Nachwuchsgewinnung.” (MOL-Nachrichten vom 19.01.2025)
Für Sylvia ist das schönste an den wöchentlichen Treffen, an dem jetzt bis zu 18 Betroffene im Alter von 58 – 84 Jahren teilnehmen, wie schnell gerade Ältere aus ihrem Parkinson Schneckenhaus herausfinden und neue Lebensfreude schöpfen. Viele, die anfangs noch in sich gekehrt und etwas steif zum Training trotteten, jagen heute fröhlich den Bällen nach und vertiefen sich nebenbei in angeregte Gespräche – sei es über “ihren” individuellen Parkinson, über die wirksamsten Therapien, über die Qualität ihrer Ärzte oder über das beste Rezept für Pflaumenstreusel …
Das nächste Ziel hat sich die neue Neuenhagener Gemeinschaft bereits gesteckt: Sie will bei der Gemeindeverwaltung unbedingt eine Erweiterung ihrer Trainingszeit erreichen, denn eine Stunde pro Woche finden alle zu wenig. Bei dem bisherigen Tempo aller Beteiligten dürfte es nicht lange dauern, bis auch dieses Ziel erreicht wird!
Als die Idee von Sylvia und Karsten Gohdes im Sommer 2024 ihren Lauf nahm, konnte niemand ahnen, dass Neuenhagen im Januar 2025 als 18. PPP Stützpunkt in und um Berlin entstehen und uns damit “irgendwie volljährig” machen würden – gerade rechtzeitig zum 5. Geburtstag, den unser Mutterschiff PingPongParkinson Deutschland e.V. am 02.02.2025 in Nordhorn feiert. Der schnelle Aufbau des Stützpunktes in Neuenhagen fügt sich nahtlos ein in die rasante Entwicklung von PPP in ganz Deutschland. Alle 18 Stützpunkte in und um Berlin wünschen den Gründungsvätern, der gesamten PPP Gemeinschaft in Deutschland und dem nimmermüden Vorstand weiterhin viel Freude beim Tischtennis und viele Punkt-, Satz- und Match-Gewinne gegen unseren gemeinsamen Sparringspartner – den doofen Mr. Parkinson!
Text: Wolfgang Hoelscher-Obermaier, Landesleiter PingPongParkinson Berlin&Umland
Fotos: © SG Rot-Weiß Neuenhagen