Während des Sports hört das Zittern so gut wie auf

Deutschlandfunk Kultur, aus der Sendung “Nachspiel” vom 07. November 2021 –

 


Wer an Parkinson erkrankt, leidet unter einer zunehmenden Störung der Bewegungsabläufe. Hände, Beine und der Kopf können zittern. Tischtennis kann dabei helfen, das Fortschreiten dieser Krankheit hinauszuzögern, und nebenbei schließt man Freundschaften.
Warm-up an drei Tischtennisplatten. Sieben Männer sind zum Training in den Sport-Gesundheitspark Berlin-Charlottenburg gekommen. Dehnen und Kräftigen ist für diese Sportler besonders wichtig, denn sie sind Parkinsonpatienten.
Ihr Training ist gleichzeitig Therapie. Auch Andreas Moroff trainiert deshalb hier. Er sagt: „Die schnellen Bewegungen, die Koordination, dem Ball folgen, die Seitwärtsschritte sind sehr wichtig. Ich habe natürlich noch viel zu lernen.“
Geschwindigkeit ist wichtig. Bei fast allen Parkinsonpatienten verlangsamen sich die Bewegungen, je weiter die Krankheit voranschreitet. Dagegen soll das Training gezielt eingesetzt werden.

Die Wissenschaft steht hier noch am Anfang

Moroff ist ein sogenannter Tremorpatient. Das heißt: Er leidet an unwillkürlichem Zittern der Muskulatur. „Während ich Tischtennis spiele“, sagt er, „habe ich so gut wie gar keinen Tremor. Abends tut mir der Rücken zwar ein bisschen mehr weh, wenn ich trainiert habe, aber für die gesamte Fitness ist es eine sehr gute Sache.“
Die Idee kommt aus der Praxis: Jens Gunter Greve ist selbst an Parkinson erkrankt und Mitinitiator der Yuvedo-Stiftung. Er hatte bei einem Freund beobachtet, dass dessen Tremor beim Tischtennisspielen aufgehört hatte. Seitdem spielen sie regelmäßig.

Eigeninitiative der Betroffenen

Wissenschaftlich erforscht ist diese Wirkung aber noch nicht. Genau das will er ändern: „Es ist eine ganze Menge an Forschung gelaufen“, sagt Greve, „aber Tischtennis ist keine Therapieform, die im Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden hätte. Dazu ist es zu sehr ein Randthema, aber es gibt Studien, die darauf hindeuten, dass es hilfreich ist.“
Greve setzt auf Eigeninitiative der Betroffenen: Er möchte die Erfahrungen der Spieler nutzbar machen und in einer Datensammlung zusammenführen. Diese soll auch den Betroffenen zur Verfügung stehen.
„Die Betroffenen selbst haben eine wesentliche Information über sich“, sagt er, „nämlich, wie es ihnen geht, wie die Erkrankung sich bei ihnen auswirkt, welche Symptome sie haben, welche Medikamente sie nehmen. Diese Information wird bis heute nicht systematisch erfasst und gesammelt.“

Parkinson-Agenda 2030

Erste Medikamente in der Parkinsonforschung wurden um 1970 herum entwickelt. In den vergangenen 50 Jahren ist die Wissenschaft auf diesem Gebiet ein gutes Stück vorangekommen.
Günter Höglinger, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen, hat die Initiative Parkinson-Agenda 2030 ins Leben gerufen. Bis dahin will man die ersten ursächlichen Therapien entwickelt haben. Bis jetzt werden alle Patienten auf die gleiche Art behandelt, auch wenn ihre Krankheitsbilder sehr unterschiedlich sind.
Die Yuvedo-Stiftung hat einen Forderungskatalog erstellt, was getan werden müsste, um die Situation zu verbessern. Das ganzheitliche Programm richtet sich auch an die Politik und an Investoren. Der Vorstandsvorsitzende Jörg Karenfort erklärt: „Das fängt damit an, Bewegung zu fördern, und hört auf mit einem Fonds zur besseren Erforschung und schnelleren Entwicklung von wirksamen Therapien, den wir mithilfe von Politik und Investoren einrichten wollen.“

Gemeinsam die Krankheit durchstehen

Karenfort weist darauf hin, dass Sport die Wirkung von Medikamenten verbessern kann. Dann brauchen die Betroffenen weniger Medikamente und haben weniger Nebenwirkungen. Aber der Sport hilft auch auf einer weiteren Ebene. Er trägt zu sozialen Kontakten bei, wie Greve erklärt:
„Dieser Austausch untereinander, der geschieht, ist sehr wertvoll. Durch gemeinsames Tun entsteht Gemeinschaft und Vertrauen, entstehen Freundschaften und daraus entstehen belastbare Beziehungen, sodass man gemeinsam auch die Krankheit durchstehen kann.“
Wer nicht gerade ein Spiel macht, kann neben der Platte andere Menschen mit Parkinson besser kennenlernen. Dieser Austausch ist sehr wichtig. Daraus entsteht ein Miteinander. Genau das fehlt Parkinsonpatienten oft.
„Die meisten Betroffenen ziehen sich aus Scham oder auch aus Mangel an Mobilität zurück“, sagt Greve. „Tischtennis bringt die Menschen an einem Ort zusammen – im Gespräch miteinander.“

Bei „PingPongParkinson“ sind alle willkommen

Eine starke Gemeinschaft hilft den Betroffenen, sich gegenseitig Mut zu machen, denn Parkinson ist eine sehr komplexe Krankheit. Alleine kann man damit nur schwer umgehen. Mit dem Sport können die Betroffenen etwas für ihre Gesundheit und für ihr psychisches Wohlergehen tun. Greve möchte alle Parkinsonpatienten ermutigen, mitzumachen.
Um bei den Vereinen unter dem Dach von “PingPongParkinson” zu trainieren, braucht es gar keinen Mut, sagt Andreas Moroff: „Es gibt nichts, sich zu trauen. Wir haben unterschiedlichste Spielerstärken, von denjenigen, die früher schon mal im Verein gespielt haben, bis zu denen, die das erste Mal einen Schläger in der Hand halten. Es macht einfach für jeden Sinn, der Parkinson hat, mit Tischtennis anzufangen.“